Das Rechtssystem in der Nazi-Zeit als Beispiel für einen Unrechtsstaat - Unterrichtstunden in Klasse 9b vom 10.01.2017 und vom 15.01.2018


Sendeminute 6:
Justiza - Schirmherrin des Rechts – ihr Feind ist das Gesetz der Diktatur – vergewaltigt von den willigen Vollstreckern.
August 14 – das Vaterland ruft – begeistert zieht man in den Krieg – unter ihnen der 20- jährige Jura-Student Roland Freisler. In seinem Abitur-Zeugnis steht: Betragen und Fleiß „gut“. In russischer Gefangenschaft erreicht er darin Bestnoten. Die Bolschewisten machen ich zum Lagerkommissar.
Zurückgekehrt aus russischer Gefangenschaft wird Freisler Anwalt. Ein neues Deutschland. Freisler mag es nicht. Demokratie ist für ihn dekadent, er will den nationalen Aufbruch - und die Krise kommt: Die Republik verliert die Republikaner. Freisler ist längst NSDAP-Mitglied, hier schätzt man Betragen und Fleiß und gelegentlichen Rechtsbeistand.


Sendeminute 8:40

[…] Gegner überzeugt man nicht, man prügelt sie – Freisler verteidigt die Schläger   
Er will Hitlers Helfer sein - nicht nur in Kassel.  
1933 Machtergreifung. In der Hauptstadt und auch in der Provinz.
Der Zeitzeuge Willi Belz:
“Da hat an diesem Tage Freisler angeordnet: Jetzt stürmen wir das Rathaus. Und sind sie ins Rathaus rein und haben die Hakenkreuzfahne auf dem Rathaus gehisst.
Er wollte sogar das Gebäude des Oberlandesgerichts besetzen. Er war ja Jurist und wollte damit andeuten: Jetzt weht auch in der Justiz ein anderer Wind."


Sendeminute 9:45

Und die Nachhut der Demokratie streicht kampflos die Segel.  
Sprecher: "Es würde dem Sinn der nationalen Erhebung widersprechen, wollte sich die Regierung für ihre Maßnahmen von Fall zu Fall zu Fall die Genehmigung des Reichstags verhandeln und erbitten."
Der Reichstag entmachtet sich selbst. Deutschland uniformiert sich – auch seine Juristen.

Sendeminute 11
Freisler in einer Ansprache an Rechtsreferendare
“Ich habe gesehen, der Versuch glückt, denn ich sehe, das sie als Soldaten des nationalen Sozialismus und damit als Träger des neuen Staates, als diejenigen, die das Rückrat des Staates, seine Rechtspflege verwalten wollen, innerlich freudig mitmachen.“
Recht ist, was dem Volke nützt. Die Volksvertretung brennt. Gibt es noch Recht? – noch gibt es Richter! In Leipzig – Reichtagsbrandprozess – erster Schauprozess der Nazis. Aber die Beweislage ist dünn, es gibt Freisprüche. Ist Hitlers Deutschland noch ein Rechtsstaat?
Ein Zeitzeuge: „Im „Völkischen Beobachter“ stand: Ein Fehlurteil. Dem Hitler war das zu wenig, dass die freigesprochen worden sind. […] Und dann ist im Frühjahr 1934 deshalb der Volksgerichtshof installiert worden, weil die normalen Gerichte dem Hitler zu wenig streng oder zu wenig gläubig waren.  Das war der eigentliche Grund, das die politischen Dinge dann durch den Volksgerichtshof erledigt wurden.“   
Erledigung heißt: Oppositionelle hinter Gitter: Kommunisten, Gewerkschaftler, Sozialdemokraten. Für Freisler, dem Herold der neuen Justiz, sind sie Verräter am Staat. 
Zeitzeuge Ludwig Gehm: „Die Leute haben dann immer gesagt: Sei ruhig, sei ruhig, sonst kommst du nach Dachau, sonst kommst du ins KZ. Man hat also damit gedroht und jeder wusste in Deutschland Bescheid, das es KZs gab und das das nichts Gutes war.“
Hans Frank: Hitlers Rechtsberater:
“Der Nationalsozialismus ist Inhalt und Ziel des nationalsozialistischen Rechtsdenkens geworden. Und wenn ich, mein Führer. als einer ihrer ältesten Kameraden sage: Durch die Beziehung der deutschen Volkes zu ihnen ist zum ersten Male in der Geschichte des deutschen Volkes der Begriff Liebe zum Führer ein Rechtsbegriff geworden.“

Mit Gewalt wird die Gesellschaft auf Vordermann gebracht. Willige Befehlsempfänger will [Hitler] ebenso wie Herrenmenschen. Germanentum und Rassenwahn in einem Atemzug.

Wer nicht in diese Bild passt, hat kein Lebensrecht, sagt das Regime. So werden Geisteskranke diffamiert und später per Gesetz ermordet.

Ein Zeitzeuge: Gesetz ist Gesetz, egal was im Gesetzblatt drin steht. Wenn das steht: Die Radfahrer werden hingerichtet [und] der Richter sagt: Das ist ein Radfahrer, da steht es ja! Dann muss ich sie zum Tod verurteilen. Der Glaube an das Gesetz, dieser Rechtspositivismus ist der Hauptfehler … dieser Leute gewesen…. Aber Angst spielt auch eine Rolle ….

Sendeminute 19:30

Sommer (19)39 – alle scheint normal. Noch geben sich die Deutschen unbeschwert und ahnungslos. Doch die Zeichen stehen auf Sturm. Hitler hält die Zeit für reif. Das Volk braucht Lebensraum.
September … Polen wird überrannt. Das Völkerrecht gebrochen.
Und in der Heimat? - Kriegsgerechte Rechtsprechung! Panzertruppe der Rechtspflege soll die Justiz sein, fordert Freisler.       
Ein Zeitzeuge: „Ich bin ein politischer Soldat meines Führers Adolf Hitler … also diesen Slogan, diese Wort hat er öfters mal gebraucht.“
Sendeminute 27:40
Wer [im Saal des Volksgerichthofs] vor Freisler steht, ist praktisch schutzlos.     
Freisler:  Mit ihnen werden wir fertig. Sie sind nicht berufen sich (hier) ein Urteil anzumaßen. … 
Ein Zeitzeuge: „Da sagt der Vorsitzende: Ja sie brauchen nicht zu lachen, Wenn wir sie zum Tod verurteilen, dann sind sie Nachmittag zum drei Uhr hingerichtet. … Da geht [der Angeklagte] aus der Anklagebank heraus, stellt sich an den Richtertisch [und sagt];: Dann stehe ich endlich vor einem gerechten Richter!
Wer nicht gestehen will,  wird gefoltert – verschärftes Verhör nennt das die Gestapo.
Ein Zeitzeuge: „Ich habe 77 Verhöre gehabt, davon nur zwei ohne Prügel …“

Sendeminute 29:30
Nur wer sich verleugnet oder dumm stellt darf auf Gnade hoffen.
[…]
Sendeminute 30:30
Freispruch aber heißt nicht immer Freiheit.
Ein Zeitzeuge: Während [der Richter] mein Urteil vorliest, da kommt einer von hinten … und hast mir ins Ohr geflüstert: Das ist ganz egal, was du hier kriegst, … wir bringen dich ins KZ.
Stalingrad – Anfang vom Ende.
Ein Zeitzeuge: „Nach Stalingrad, das war mit Sicherheit der Wendepunkt und das merkte man schon in der Bevölkerung und da hatten dann auch die Gerichte sehr angezogen um Terror zu setzen.“ Dagegen wehren sich nur wenige: Münchener Studenten rufen auf zum Widerstand – mit Flugblättern, die nicht verschweigen.   
[…]
Ein Fall für Freisler – der Blutrichter auf Dienstreise. … der oberste Volksrichter weiß was, erwartet wird – kurzer Prozess.
Zeitzeuge Franz Müller: [In der Verhandlung] schrie er auf – geradezu mit Vergnügen – ich habe hier kein Gesetzbuch bei mir  - ich brauche kein Gesetzbuch, mein Herr, hier spricht das Volk!       
Dann saß sein Beisitzer, der war ein Oberlandesgerichtsrat, der genierte sich und sagte: Herr Präsident, ich habe eines dabei! Daraufhin nahm Freisler das Buch und warf es vom Richtertisch so auf die Rechtsanwälte zu … und gab dabei dem Inhalt nach triumphal gesetzt den Satz von sich: Wir brauchen hier kein Gesetz – wir kommen auch ohne dies zu einem Urteil.
Die Urteile gegen die Geschwister Scholl und einen Freund werden noch am selben Tag vollstreckt.

Sendeminute 35:30

Juni 1944 – Invasion – die Tage des Regimes sind gezählt. Im Osten zerbricht die Heeresgruppe Mitte, ihre Reste werden durch Moskau getrieben.

Was macht der deutsche Widerstand?  - Mutige Männer suchen verzweifelt Kontakt. Doch die Westmächte verweigern sich, sie wollen nur die bedingungslose Kapitulation.     
Dennoch muss gehandelt werden. Nur das Militär kann Hitler stürzen. Hier, in der Zentrale der Verschwörer, weiß man, das der Krieg verloren ist. […]

Dutzende von Attentatsversuchen sind misslungen, jetzt ein neuer Plan: Operation Walküre.
Die Idee: Das Heimatheer übernimmt die Macht in Deutschland und versucht, den Krieg zu beenden.     .Voraussetzung: der Tod des Tyrannen.
Mord am Staatsoberhaupt. Wer soll das wagen – keiner der Verschwörer kommt in seine Nähe. Erst als Graf Stauffenberg ins Führerhauptquartier gerufen wird, gibt es die Chance.    
20. Jili 1944 … Stauffenberg bei Hitler .. der Lauf der Weltgeschichte hängt vom Standort einer Aktentasche ab. Es war die letzte Chance. 
Der Militärputsch bricht binnen Stunden zusammen. Die Verschwörer führten Namenslisten, so hat die Gestapo leichtes Spiel … und der Blutrichter seine größte Stunde.

Sie schlägt Anfang August 1944 im Berliner Kammergericht. 
[…] Freisler will den Angeklagten ihre Würde nehmen. Aber das gelingt ihm nicht. Eine Zeitzeugin: „Anscheinend hat Freisler immer wieder gebrüllt: Schurke Schulenburg, aber einmal sich vertan und gesagt: „Graf Schulenburg“, worauf Fritzi sich verbeugt hätte und sagte: Schurke Schulenburg!“Gedemütigt sollen sie werden, so will es der Hinrichter. General Hoepner [muss] in Strickjacke und ohne Gebiss [vor Gericht erscheinen].  
„Sie schmutziger alter Mann, was fummeln sie ständig an ihrer Hose herum!“ brüllt Freisler Feldmarschall Witzleben an, dem man die Hosenträger weggenommen hat. Doch kein Hauptverschwörer zeigt die geforderte Reue [...]



Filmtipps zum Volksgerichtshof
Doku Hitlers Helfer Roland Freisler Der Hinrichter
https://www.youtube.com/watch?v=ljGlwpqODUk&t=5s

Hitlers Helfer Roland Freisler Der Hinrichter Doku über Hitlers Helfer Teil 1
https://www.youtube.com/watch?v=90UzafCN_kw

Hitlers Helfer Roland Freisler Der Hinrichter Doku über Hitlers Helfer Teil 2
https://www.youtube.com/watch?v=Lzk-FRrcMFc

Hitlers Helfer Roland Freisler Der Hinrichter Doku über Hitlers Helfer Teil 3
https://www.youtube.com/watch?v=qjvKBZUHWwY

Hitlers Helfer Roland Freisler Der Hinrichter Doku über Hitlers Helfer Teil 4
https://www.youtube.com/watch?v=FMK9euo8VxI

 

Geschichte Mitteldeutschlands Roland Freisler Hitlers williger Vollstrecker
https://www.youtube.com/watch?v=e4MOjVvV83M

(Doku in HD) Hitlers Vollstrecker - Das Volksgericht und der Widerstand - Der 20 Juli 1944
https://www.youtube.com/watch?v=UcYznvZhXVM

Verräter vor dem Volksgerichtshof
https://www.youtube.com/watch?v=Hli83N1xt2c


Unterrichtsmitschrift von Theresa Moos (Klasse 9b) am 15.01.2018


Unterrichtsmitschrift von Theresa Moos am 17.01.2018